Klub-WM der Fußballer: Promis am Ball
Bei der Klub-WM in den USA werden die Spieler einzeln aufs Feld gerufen. Dass Fußball Teamsport ist, schert die auf Stars versessene Fifa wenig.

Die Schiedsrichter laufen mit einer Body-Cam über den Platz, was für tolle Bilder bei der Übertragung sorgen soll und doch nur dafür sorgt, dass man statt einen Überblick über das Spiel zweier Mannschaften die Nahaufnahme von einzelnen Akteuren präsentiert bekommt. Die Auszeichnung für den Player of the Match, ohne die der Fußball mehr als ein Jahrhundert lang bestens ausgekommen ist, wird nun nicht mehr von einer Expertenkommission vergeben, sondern nach einer Abstimmung unter Fans auf einer Website der Fifa vergeben.
Und dann ist da noch die Einlaufzeremonie. Statt die beiden Mannschaften aufs Feld zu schicken, werden die Spieler nun einzeln aufgerufen. Der erste Spieler muss mehrere Minuten warten, bis der 22. Mann aufs Feld gelaufen ist, damit einer Ikone wie Lionel Messi ausreichend gehuldigt werden kann.
Es sind die Fußballverbände selbst, die gerade dabei sind, aus einem Mannschaftssport die Kulisse für einen ungehemmten Starkult zu machen. Ungeniert hat die Fifa sich irgendwelche Qualifikationsregeln ausgedacht, die am Ende dafür gesorgt haben, dass nicht die beste Mannschaft aus der US-Profiliga MLS als Heim-Team in die Klub-WM geschickt wurde, sondern das Team, in dem Lionel Messi spielt: Inter Miami.
Und völlig ungeniert hat Fifa-Chef Gianni Infantino die qualifizierten Teams fast schon angebettelt, sie mögen doch bitte den alternden Portugiesen Cristiano Ronaldo, das größte Social-Media-Phänomen des Weltsports, für das Turnier verpflichten. Die Transferegeln, die das ermöglicht hätten, hat die Fifa kurz zuvor noch geändert. Dass Ronaldo selbst daran wohl kein Interesse hatte, ärgert den Fußball-Populisten Infantino wahrscheinlich weitaus mehr als ein schlecht besuchtes Stadion bei der Klub-WM.
Die Suche nach dem Goldnen Ball
Längst wird schon während großer Fußballturniere darüber diskutiert, welcher Spieler am Ende des Kalenderjahres wohl den Ballon d'Or gewinnt, den Preis für den besten Spieler des Jahres, den ein französischer Sportmedienkonzern zusammen mit der europäischen Fußballunion UEFA vergibt. Gerade als das Team von Paris Saint-Germain mit dem überlegenen Auftritt gegen Inter Mailand im Champions-League-Finale bewiesen hatte, dass man Titel gewinnen kann, indem man als perfekt eingestellte Mannschaft auftritt, wurde Trainer Luis Enrique gefragt, ob er glaube, dass Ousmane Dembélé nun Chancen auf den Ballon d'Or habe.
Längst gibt es Websites, die ein Powerranking im Rennen um die Auszeichnung präsentieren. Und auch Spieler machen ihre Karriereplanung bisweilen davon abhängig, ob ein etwaiger Klubwechsel ihre Chancen auf den Gewinn des Goldenen Balls erhöhen könnte. So meinte Außenverteidiger Trent Alexander-Arnold, der beim FC Liverpool ganz gewiss ein gutes Auskommen hatte, er sei auch deshalb zu Real Madrid gegangen, weil da seine Chancen größer seien, den Ballon d'Or zu gewinnen.
Auch die Klubs nehmen persönliche Ehrungen inzwischen fast so ernst wie eine Meisterschaft. Als im vergangenen Jahr Rodri von Manchester City den Ballon-d'Or gewann, reiste das Team von Real Madrid erst gar nicht zur Preisverleihung an, weil man im Klub der Meinung war, der Brasilianer Vinicius Junior hätte eigentlich gewinnen müssen. Der wurde dann kurz darauf von der Fifa als Weltfußballer des Jahres ausgezeichnet.
Gianni Infantino wird sich jedenfalls unbändig gefreut haben, dass es Lionel Messi war, der mit einem Freistoßtor das Spiel von Inter Miami gegen den FC Porto entschieden hat. Dann gingen da noch Bilder viral, die Messi zeigen, wie er vor dem Anpfiff ein schwer körperbehindertes Kind umarmt. Der Star als Mensch – was könnte es schöneres im modernen Fußball geben?
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